Mit Genehmigung des Bloggers "Erste Reihe Mitte" Markus Zeller, möchte ich hier seine Kritik zur Voyage Show in London teilen, die er auf Facebook veröffentlicht hat.
Eine sehr ausführliche und gut geschriebene Kritik wie ich finde. Vielleicht können wir unter diesem Thread noch weitere Kritiken zur Show sammeln und verlinken.

"'ABBA-Voyage': Die Review zur Show in London

Spoilerwarnung!

Diese Review enthält massive Spoiler! Wer sich also die Show in London anschauen und sich eine gewisse Unvoreingenommenheit bewahren möchte, sollte an dieser Stelle aufhören, den Artikel zu lesen.
Eins vorneweg: Man muss kein ausgewiesener ABBA-Fan sein, um von dieser Show zutiefst beeindruckt zu sein. 'ABBA-Voyage' ist das derzeit innovativste Live-Entertainment-Produkt, das in technischer High-End-Qualität auf die Bühne gebracht wird. London hat somit zweifelsohne eine neue Show-Attraktion, was letztendlich auch die Motivation für die Einheimischen und vor allem für die vielen Touristen in der Stadt sein dürfte, den Weg vom Theaterzentrum West End zum nicht sonderlich einladenden Olympiagelände in East London anzutreten.
Was aber die ausgewiesenen ABBA-Fans viel mehr interessieren wird: Es ist toll! 'ABBA-Voyage' ist nicht der Versuch der Rekonstruktion eines "echten" Konzertes aus dem Jahr 1979, sondern ein eigenständiges Gesamtkunstwerk, das sich vor allem dadurch auszeichnet, dass es sich durch und durch nach ABBA anfühlt. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht, handelt es sich doch um ein Projekt, bei dem ganz unterschiedliche Beteiligte zusammengearbeitet haben, die bislang nichts mit ABBA zu tun hatten. Umso erfreulicher das Ergebnis: Mit dem 'Voyage'-Konzert verhält es sich ähnlich wie mit einem neuen Album, das seinerzeit neu veröffentlicht wurde: Jedes Album in den Siebzigern und Achtzigern war ein Mix aus Altbekanntem und Neuem, das zunächst einmal eingeordnet werden musste. Erst in der Retrospektive wurde es zum Kult mit selbstverständlichen Elementen und Bestandteilen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aber alles andere als selbstverständlich waren. Diese künstlerische Weiterentwicklung der Band war einer der Gründe dafür, dass sie überhaupt so lange bestand und selbst heute noch so spannend ist. Das 'Voyage'-Konzert beschreitet ebenfalls diesen Weg: Es liefert natürlich viel von dem, was die Zuschauer erwarten, einiges jedoch nicht und in mancher Hinsicht zieht es einfach unbeirrt sein Ding durch. Das ist überaus erfrischend, weil es eben nicht nur auf einer Retrowelle herumreitet, sondern sich selbst als künstlerisches Werk ernst nimmt und auch ernstgenommen werden möchte. Dies wiederum entspricht dem Perfektionsanspruch von Björn und Benny - wenn sie was mit ABBA machen, dann muss es auch Sinn machen und so gut wie irgend möglich werden. Es gibt viele Musiker aus der damaligen Zeit, die ihre Kreativität schon lange an den Nagel gehängt haben und sich seitdem damit begnügen, einen Aufguss nach dem anderen von ihrer damaligen Arbeit zu vermarkten. Das ist 'ABBA-Voyage' wahrlich nicht – vielmehr ist es ein neues aufregendes Kapitel in der ABBA-Historie, wenngleich auch wahrscheinlich das letzte, sofern es sich die vier nicht doch noch überlegen, ein zehntes Studioalbum einzuspielen.
Arena:
Die Eingangshalle mit Bars, Garderoben, Verpflegungs- und Merchständen ist freundlich und zweckdienlich gehalten und für 3.000 Besucher angemessen groß. Das Einlasspersonal ist betont zuvorkommend und sichtlich darum bemüht, den Gästen einen schönen Abend zu bereiten. Das Auditorium ist eine Wucht und viel größer als es die Arena von außen vermuten lässt. Ab dem Moment, in dem man das Auditorium betritt, befindet man sich in einer anderen Welt: Das Lichtdesign greift in berauschender Perfektion die ikonische Eisberg-Ästhetik der letzten ABBA-Tournee aus den Jahren 1979 und 1980 auf und schafft eine nahezu andächtige Atmosphäre, fast möchte man von einer eigens erbauten ABBA-Kathedrale sprechen. Auf den "Vorhang", der vor dem Konzert noch die Bühne verhüllt, wird ein verschneiter Wald projiziert, durch den ab und an auch die ein oder andere nicht genau identifizierbare Figur huscht. Schweden und seine Postkartenmystik lässt in London grüßen. Wie clever.
Setlist:
Es beginnt, und das ist bereits die erste Überraschung, mit der Instrumentalnummer "Skallgång" aus Benny Anderssons zweitem Soloalbum "November 1989" aus dem Jahr 1989. Eine sehr schöne Idee, mit der das visuelle Ambiente im Auditorium akustisch aufgegriffen wird und die Zuschauer tief in die typisch nordische ABBA-Grundstimmung versetzt werden, die die Band auch früher schon so gerne der unbeschwerten Ausgelassenheit ihrer Musik in kleinen Dosen beimischte und zu einem ihrer unverwechselbaren Markenzeichen machte. Nach diesem eher zarten und zurückhaltenden Folkeinstieg knallt mit voller Lautstärke "The Visitors" rein, ein Song den ABBA nie live gespielt hat und der hier auf der Bühne eine faszinierende und mitreißende Dynamik entwickelt. Danach folgt "Hole in Your Soul", der sich schon auf der 1979-1980er Tour als absolut livetauglich erwiesen hat. Zuschauer, die ABBA bislang nur von "ABBA-Gold" und dem Musical 'Mamma Mia!' kannten, befinden sich zu diesem Zeitpunkt noch in völlig unbekannten ABBA-Gefilden. Danach geht es jedoch erwartbarer weiter: Es folgen "SOS", "Knowing Me, Knowing You", "Chiquitita", "Fernando", "Mamma Mia", "Does Your Mother Know", "Eagle", "Lay All Your Love on Me", "Summer Night City", "Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)", "Voulez-Vous", eine kleine Überraschung mit "When All Is Said and Done", "Don’t Shut Me Down", "I Still Have Faith in You", "Waterloo", "Thank You for the Music" und natürlich "Dancing Queen" zum Abschluss. Mit "The Winner Takes It All" gibt es eine Zugabe und am Ende der Show passiert noch eine Überraschung, die den Kreis für dieses 'Voyage'-Projekt auf eine ganz und gar liebenswürdige Weise schließt, die an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden soll, ein letzter Rest an Geheimnis soll noch bleiben ...
Natürlich fehlen Songs, aber das ist ein Luxusproblem, der sich durch den unfassbar großen Hitkatalog der Band zwangsläufig ergibt. Die größte Überraschung dürfte das Fehlen von "Super Trouper" sein, besonders bei einer Show, die so sehr von ihrem Licht lebt. Kein anderer Song schreit so wie dieser danach, in der Show verwendet zu werden. Ich könnte mir jedoch gut vorstellen, dass dieser Song und auch noch ein oder zwei andere von ILM aufgenommen und verarbeitet wurden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt noch aus der Schublade zu holen. Eine Show wie diese läuft im Endeffekt schließlich jeden Abend völlig identisch ab, wenn man nach meinetwegen einem Jahr Laufzeit ein Relaunch mit neuem Material präsentieren kann, ergeben sich hierdurch neue und zusätzliche Marketing- und Verkaufsmöglichkeiten.
Avatare:
Die digitalen Avatare sind, warum soll man es anders ausdrücken, der Hammer. Sie sind viel besser, glaubwürdiger und realistischer als ich sie mir vorzustellen bereit war. Ich habe die Show zweimal gesehen, das erste Mal ganz vorne im Dance-Floor, beim zweiten Mal auf der Mitteltribüne (Block H). Das Erlebnis war jeweils ein anderes: Vom Dance-Floor aus hat man die Avatare besser im Blick, von der Tribüne erschließt sich die Gesamtkonzeption der Show besser. Die Avatare überzeugen von beiden Plätzen: Sie wirken wahrhaftig dreidimensional und Details wie Haare im Gegenlicht oder fließender Stoff von den Outfits sehen atemberaubend realistisch aus. Und trotzdem ist die Show penibel darauf bedacht, die Glaubwürdigkeit der Avatare nicht überzustrapazieren. Dies wird vor allem durch Abwechslung und die konsequente Vermeidung von Wiederholung erzielt. Sämtliche Möglichkeiten der gigantischen Screens werden genutzt, um die Avatare ein ums andere Mal anders in Szene zu setzen. Es gibt Songs wie etwa "Knowing Me, Knowing You", bei denen nicht der Eindruck erweckt wird, dass die vier Bandmitglieder auf der Bühne stehen, sondern die schier endlose Breite der Bühne dafür genutzt wird, um die Avatare im Stil eines Musikvideos zu präsentieren. Bei anderen Songs wie "Chiquitita" verlässt man sich hingegen einzig auf die digitalen Abbilder. Manchmal vermitteln „Leinwände“ an den Bühnenseiten, wie man sie von Stadionkonzerten kennt und die jeweils unterschiedliche Kameraperspektiven zeigen, das Konzertgefühl und wiederum andere Male werden nur kreisrunde Flächen bespielt. Der fotorealistische Effekt der Avatare ist fast durchweg grandios, "Mamma Mia" stellt diesbezüglich sicherlich einen Höhepunkt dar. Bei "When All Is Said and Done" darf man hingegen an der ein oder anderen Stelle nicht so genau hinsehen, vor allem was die Mimik und die Ausdruckskraft der Augen anbetrifft. Insgesamt ist es jedoch extrem beeindruckend, was für eine Wirkung vier digitale Geschöpfe in einer ausverkauften Halle entfachen können. Die Stimmung ist durchweg prächtig, bei Songs wie "Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)" sogar nahezu eskalierend. Es gibt wunderschöne Bilder von Frida und Agnetha bei "Fernando" im Sternenhimmel mit Nordlichtern, die selbstbewusst auch den fast unvermeidlichen Kitsch-Vorwurf nicht scheuen, und es gibt mitreißende futuristische Nummern wie "Summer Night City" im visuellen „Tron“-Stil, die nicht weiter weg sein könnten von der früheren familientauglichen „I Have a Dream“ - Kinderchor-Glückseligkeit. Heikel hingegen sind die direkten Ansprachen der Avatare an das Publikum, da sich dessen Reaktion in der zeitlichen Länge nur einschätzen lässt, also nicht vorherbestimmbar ist. Hier könnte es zu unerwünschten Pausen oder auch Überlagerungen kommen, die die Illusion zerstören könnten. In den von mir besuchten Shows hat jedoch alles geklappt. Die Spaßmacherrolle unter den Avataren fällt im Übrigen Benny zu, der einen fälligen Kostümwechsel auch mal gerne aus dem Dunkeln heraus kommentiert, um die Zeit für das Publikum zu vertreiben. Man hat bei dieser Show wirklich an vieles gedacht …
Die Musikvideos:
Eine weitere Abwechslung im Showkonzept bietet ein zweiteiliges Musikvideo des renommierten Künstlerteams Shynola, das u.a. schon für Coldplay gearbeitet hat und das auch das Musikvideo zu dem Reunion-Song "I Still Have Faith in You" kreierte. Interessant ist das Video vor allem deshalb, weil es in der Tat etwas völlig Neues im ABBA-Kosmos darstellt, vor der Premiere zu dem 'ABBA-Voyage'-Konzert war davon kein Sterbenswörtchen zu hören. Zu den Songs "Eagle" und "Voulez-Vous" erzählt das Video die Geschichte einer jungen tapferen Heldin namens Rora, die sich, klar, auf eine Reise begibt und der Legende von ABBA nachspürt. Klingt interpretierbar, soll es auch sein. An diesem Video scheiden sich ein wenig die Geister im Fandom, schließlich sorgt es dafür, dass sich für etwa zehn Minuten die ABBA-Avatare vom Geschehen verabschieden. Für mich persönlich gehört es allerdings zu den Höhepunkten der Show, stellt es doch das Überraschende und Unerwartete dar, das eine solche Show auch dringend benötigt. Das Musikvideo ist ein rasanter psychedelischer Trip durch eisblaue Nordlandschaften voller Mystik und fantastischer Figuren und präsentiert eine Fluchtwelt aus dem ABBA-Bilderbuch, was viel viel spannender und smarter ist, als es ein Video mit meinetwegen einem Adler hätte sein können. Der verwaschene und ruckelige Animationsstil, der ein Stück weit am Anime-Zeichenstil angelehnt ist, setzt zudem in seiner oberflächlich betrachteten technischen Unperfektheit einen gelungenen Kontrapunkt und Gegenpol zu dem durch und durch perfektionistischen Technikspektakel, das diese Show eben auch ist.
Weitaus weniger spannend fand ich hingegen das historische ESC-Videomaterial (das im Übrigen mit Bildern durchmischt ist, die nicht von dem Brighton-Auftritt stammen) zu dem Song "Waterloo". Der Stimmung im Publikum tut das jedoch keinen Abbruch, zumal der Björn-Avatar das Video mit den Worten ankündigt, seinerzeit 0 Punkte vom Vereinigten Königreich bekommen zu haben. Hierfür erntet die bedauernswerte Jury von damals auch heute noch und vor allem in diesem Rahmen einiges an Pfiffen und Buh-Rufen.
Live-Band und Sound:
Die 10-köpfige Live-Band inkl. der drei Backup-Sängerinnen ist der Schlüssel dafür, dass das Konzert von den Zuschauern auch als wirkliches Konzert wahrgenommen und akzeptiert wird. Die fulminant aufspielende Band schlägt die Brücke zum Publikum, das merkt, dass da zehn wirklich exzellente Musikerinnen und Musiker mit Herzblut dabei sind und alles geben, um eine gute Show zu liefern. Eine Leistung, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, da das technische Korsett enorm ist, ein Avatar wartet nicht auf seinen Einsatz. Die Musik muss also das Live-Feeling rüberbringen und darf gleichzeitig keinen Millimeter ins Improvisieren abweichen. Vor diesem Hintergrund ist es großartig, was die Band abliefert. Dass ihnen der Björn-Avatar bei "Does Your Mother Know" die Bühne zum Abrocken überlässt, ist daher auch eine sehr gute Entscheidung, da spätestens in diesem Moment eine tatsächlich gefühlte Verbindung zwischen dem Bühnengeschehen und dem Auditorium hergestellt wird. Im Übrigen ist die Band vom Zuschauer aus auf der linken Seite der Bühne fest verortet und teilweise auf der Bühne präsent oder, wenn diese für die Avatar-Show benötigt wird, im Bühnengraben untergebracht. Eine Vermischung der Live-Band mit den Avataren wäre natürlich wünschenswert, alleine um ein Bild zu erzeugen, wie man es von den historischen Live-Auftritten her kennt. Man muss sich allerdings nicht allzu tief mit der technischen Komplexität der Show auseinandersetzen, um sich die Frage dahingehend selbst beantworten zu können, dass das einfach nicht möglich ist. Zum Sound vielleicht nur so viel: Einfach ins Konzert gehen und genießen. Er ist überwältigend.
Kostüme:
Die Outfits sind einfach fantastisch. Allesamt Instant-Klassiker, die man in ihrer realen Ausführung, sofern es diese überhaupt geben sollte, ins Stockholmer ABBA-Museum schaffen sollte. Insgesamt viermal „ziehen sich die Avatare um“, die fünf neuen Kostüme sind fantasievoll, stimmig, originell, klassisch und, vielleicht von den „Tron“-Kostümen mal abgesehen, edelste Pop-Haute-Couture. Anhand der geschmackvollen und wertigen Kostüme lässt sich noch am ehesten nachvollziehen, was die Macher damit gemeint haben, kein Konzert von früher nachstellen zu wollen, sondern ABBA so auf die Bühne bringen zu wollen, wie sie sich im Jahr 2022 präsentieren würden. Tipp an die Verantwortlichen für das Merch, das aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen oft auf 70er-Jahre-Trash-Kultur abzielt: Einfach mal die neuen Bühnenoutfits anschauen und sich inspirieren lassen, was Farben, Look und Klasse anbetrifft.
Stimmung Fans:
Könnte nicht besser sein. Auf einer intellektuellen Ebene ist es zwar ein Stück weit irritierend, wenn die Avatare, deren Ansprachen sich direkt an das Publikum richten (z.B. Benny: „This is really me, I just look very good for my age!“) enthusiastisch bejubelt werden, ganz so, als ob die vier wirklich auf der Bühne stehen würden. Diese gefühlten Ambivalenzen sind allerdings ein Anzeichen dafür, dass man sich an diese Form der Unterhaltungskunst erst noch gewöhnen muss, sofern man dies denn auch will. Die Zuschauer in den von mir besuchten Shows wollten: Sie ließen sich auf das Spiel und die Illusion ein, wohlwissend, dass es heutzutage die einzige Möglichkeit ist, so "nah" ein echtes ABBA-Produkt konsumieren zu können. Und, was auch gesagt werden muss: In dieser Avatar-Show steckt mehr Authentizität und Glaubwürdigkeit in Sachen ABBA drin als in sämtlichen Tribute-Shows zusammen, die unentwegt unterwegs sind. Die Stimmung in der Arena kann man jedenfalls nur als herausragend beschreiben: voller flirrender und elektrisierender Anspannung vor und zu Beginn des Konzertes und überschäumend bei den Abräumer-Songs. Es wird spannend zu beobachten sein, ob diese Begeisterung nach meinetwegen einem Jahr einer gewissen Abnutzung unterliegen wird, wenn also der erste Hype vorüber ist und mehr Zuschauer in der Halle sind, die die Show schon kennen und somit genau wissen, was auf sie zukommt. Vielleicht noch ein Wort zur An- und Abreise: In den Zugabteilen der DLR, mit der ich zur Haltestation Pudding Mill Lane fuhr, zu der der Björn-Avatar süffisant anmerkt, dass ihr Name wie ein Songtitel klinge, herrschte teilweise eine laut- und gesangsstarke Stimmung, wie man sie im öffentlichen Raum sonst nur bei Fußballfans antrifft: Die Leute sangen vor und nach der Show voller Inbrunst ihre Lieblingssongs wie "Honey, Honey", "Mamma Mia" oder "Waterloo". Vor der Show noch in ihren Kleingruppen, nach der Show sogar zugabteilweise. Es war ein toller Spaß. Danach hat man sich gefragt, ob man das jetzt wirklich so erlebt hat, 40 Jahre nach dem vermeintlichen Aus der eigenen Lieblingsband …
Fazit:
'ABBA-Voyage' wird auf Jahre hinaus einzigartig bleiben. Ein spektakuläreres Licht-Design gibt es derzeit ohnehin nicht auf dem Markt. Die von einigen Medienvertreterinnen und -vertretern etwas voreilig heraufbeschworene Ankündigung einer Armada von Nachfolgeproduktionen von anderen Künstlern wird jedoch aus meiner Sicht noch sehr lange auf sich warten müssen. Dies liegt vor allem daran, dass für jeden einzelnen Künstler eine ganz eigene individuelle Lösung gefunden werden muss. Zudem ist der Show anzusehen, mit welch wahnsinnig hohem Aufwand sie entstanden ist. Von bis zu 1.000 ILM-Mitarbeitern ist die Rede, dies entspricht dem personellen Aufwand für einen Hollywood-Blockbuster. Schnell an den Start gehende vergleichbare Produktionen scheitern daher schon an den entsprechenden Produktionskapazitäten bei ILM oder dem noch fehlenden Knowhow bei Mitbewerbern. Gleiches gilt für das Produktionsbudget, das unbestätigt bei mehr als 160 Millionen Euro liegt, was ebenfalls der Größenordnung einer Kino-Großproduktion entspricht. Ein Investor muss zunächst einmal bereit ein, so viel Geld für ein „Theater-Event“ in die Hand zu nehmen, das die Produktionskosten per se nicht so schnell wieder einspielt wie ein Film, der weltweit gleichzeitig veröffentlicht werden kann. Die Unterhaltungsbranche wird also sehr genau ins Londoner East End schauen und beobachten, wie sich der Ticketverkauf dort weiterhin entwickeln wird. Das Potential für einen Long-Run ist sicherlich gegeben, sowohl was die Qualität des Produktes als auch die infrastrukturellen Rahmenbedingungen anbetrifft, denn täglich kommen neue Touristen in die Metropole, die mit neuen Sehenswürdigkeiten versorgt werden wollen.
Doch von diesem wirtschaftlichen Kalkül mal abgesehen: Rein formal betrachtet mag 'ABBA-Voyage' nur ein Hybrid aus einem Film und einem Live-Konzert sein, dass es sich aber trotzdem ganz und gar nach ABBA anfühlt, ist das allergrößte Verdienst dieser hinreißenden Show. Für viele ABBA-Fans dürfte 'ABBA-Voyage' deshalb wie ein unerwartetes und daher noch schöneres Geschenk sein, über das man sich nun umso mehr freuen kann … "